Martina Montecuccoli

1965 in Mödling geboren, absolvierte das Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien, ist Mitinhaberin einer PR-Agentur und absolvierte 2014 die Wiener Kunstschule („Malerei und prozessorientierte Kunstformen“ bei Barbara Höller & Gerlinde Thuma) mit Auszeichnung. Martina Montecuccoli lebt und arbeitet in Wien. Seit 2017 Mitglied von „Künstlerhaus. Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs“.
www.montecuccoli.net

pas un drapeau.

Faltenwurfstudien mit US-Flagge
Gouache auf Bütten u.a. Papieren
ca. 50×70 cm, 2015/16

Der aus 13 Gouache-Bildern und sechs Zeichnungen bestehende Zyklus „pas un drapeau“ (dt.: keine Flagge) ist das Ergebnis der Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen der Wirklichkeit und ihrer Repräsentation vor dem Hintergrund weltweiter Krisen und Kriege. Die intensive Rezeption unterschiedlichster Medienberichte über die Flüchtlingsbewegungen seit August 2015 etwa lässt eine überraschende Vielfalt an Positionen, Perspektiven und Narrativen erkennen und offenbart einmal mehr, dass reale Ereignise mit ihrer medialen „Abbildung“ nicht identisch sind.

Folgende Fragen drängen sich förmlich auf: Wer berichtet was wie über wen? Welche Übereinstimmungen, Unterschiede und Auslassungen gibt es? Wer sind die Akteure, wer die Interpreten und welche Beweggründe haben sie? Und: Wer spielt welche Rolle, und welche Rolle spielt die „westliche Welt“?

Mit „pas un drapeau“ rückt Montecuccoli ihre Faszination für Faltenwürfe und die Ästhetik des Verhüllens ins Zentrum und thematisiert zugleich das Spannungsfeld von Einfaltung und Entfaltung, Verhüllung und Enthüllung. In der Hauptrolle: die Flagge der Vereinigten Staaten. Sie wurde aufgrund der aus Sicht der westlichen Staaten- und Wertegemeinschaft unumstrittenen geopolitischen Führungsrolle der USA als Motiv gewählt, aus dem Kontext ihrer Repräsentationsfunktion gelöst und in einem neuen, körperlichen Kontext rearrangiert.

Martina Montecuccoli greift ein Phänomen auf, das der französische Neostrukturalist Gilles Deleuze als pochentypisch für den Barock bezeichnete: „Die ins Unendliche gehende Falte ist das Charakteristikum des Barock.“ Aus Sicht des Berliner Kunsthistorikers Horst Bredekamp ist die Falte eine zentrale Metapher Leibniz‘ für den Erkenntnisprozess: „Die Falte, die als Schmuckbinde in der Mode des 17. Jahrhunderts und in der bildenden Kunst vielfach verwendet wird, ist einer der zentralen Begriffe in Leibniz‘ Kosmologie. Das Subjekt, das das Universum entdecken will, muss sich im Entfalten üben, da das im Verborgenen Liegende der Entfaltung bedarf.“